Pflegeheime: WLAN ohne Betreuung ist wie ein Gasherd ohne Gas

Bildquelle: Broschüre Mein Tablet und ich, E-Plus und Stiftung Digitale Chancen/p>

Gestern war der Internationale Tag der Pflegenden. Ein Anlass, über digitale Teilhabe in Pflegeheimen zu schreiben.

In der Bremer Umfrage sind zwar ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen unterrepräsentiert. Aber es ist ein Indiz, dass von den teilnehmenden Bewohnerinnen und Bewohnern nur neun Prozent das Internet gelegentlich nutzen. 91 Prozent tun das nicht - nicht immer weil sie nicht wollen.

Schlomann u.a. haben in einer repräsentativen Umfrage in Nordrhein-Westfalen bei über 80-Jährigen festgestellt, dass nur drei Prozent, die sich in Langzeitpflege befinden, digitale Geräte nutzen.
Die neue D80+ Studie (PDF) stellt bei Hochaltrigen, die privat wohnen, im Vergleich zu denen, die in einem Heim leben, große Unterschiede in der Onlinerquote fest: bei den 80 bis 84-Jährigen von 58 zu 14 Prozent und bei den 85 bis 89-Jährigen von 29 zu neun Prozent.

Die Erfahrungen mit der Isolationshaft älterer Menschen in der ersten Welle der Pandemie, als selbst Sterbende nicht besucht werden konnten und ein visueller Kontakt mit Angehörigen nur mit einem Smartphone oder Tablet möglich war, sind nicht ohne politische Konsequenzen geblieben. Diese sind allerdings zwischen den Bundesländern unterschiedlich und reichen nicht aus.

• In Nordrhein-Westfalen steht im neuen Wohn- und Teilhabegesetz „Alle Individual- und Gemeinschaftsbereiche müssen über die technischen Voraussetzungen für die Nutzung eines Internetzugangs verfügen.
• Die Hessische Landesregierung hat für die über 1.000 Pflege- und Wohneinrichtungen mit über 60.000 Bewohnerinnen und Bewohnern 10.000 Tablets zur Verfügung gestellt.
• Niedersachsen hat angekündigt, zusammen mit der AOK rund 1.400 Pflegeheime mit Tablets auszustatten, damit Hausärztinnen und Hausärzte zu ihren Patientinnen und Patienten in den Heimen Kontakt aufnehmen können, ohne sie dem Risiko einer Infektion mit dem Corona Virus auszusetzen.

Der Nutzen für pflegebedürftige (ältere) Menschen ist inzwischen unbestritten. Für die Schweiz zeigt eine Studie, dass das Internet für sie „ein Fenster zur Aussenwelt“ sein kann. Neben der Kommunikation mit Angehörigen gibt es viele Möglichkeiten der Erinnerungsarbeit, PflegeApps zum Gedächtnistraining auf Rezept u.a.m. Auch ein Kontakt zur Nachbarschaft kann hergestellt werden. Im Netzwerk Digitalambulanzen in Bremen hat das Bürgerhaus Obervieland in Kooperation mit Pflegeeinrichtungen im Stadtteil den Bewohnerinnen und Bewohner per Streamingdienst eine virtuelle Teilnahme an Veranstaltungen ermöglicht.

WLAN ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für digitale Teilhabe in Pflegereinrichtungen. Daher fordern u.a. der VdK und die BAGSO nicht nur eine Ausstattung der Heime mit WLAN und Tablets, sondern auch eine fachliche Betreuung:

„Vielen älteren, vor allem vielen hochaltrigen Menschen fehlt bislang die Kompetenz zur Nutzung digitaler Medien. Eine zielgruppenspezifische Unterstützung und dauerhafte Begleitung kann den Zugang erleichtern, Schwellenängste überwinden helfen und den Mehrwert digitaler Medien erfahrbar machen. In jedem Pflegeheim in Deutschland sollten erfahrene Helferinnen und Helfer zur Verfügung stehen, um die professionell Pflegenden beim Umgang der Bewohnerinnen und Bewohner mit digitalen Medien zu entlasten.“

Wenn nach der Bremer Umfrage 50 Prozent der Onliner sagen, sie brauchen gelegentlich Hilfe, wenn sie nicht weiterkommen, gilt dies für ältere pflegebedürftige Menschen erst recht. Die Pflegeeinrichtungen machen vielfältige analoge Betreuungsangebote, die auch von den Pflegekassen zusätzlich vergütet werden. Die Betreuung bei der Nutzung von Smartphones und Tablets sollte unbedingt in diese Angebote aufgenommen werden. Für das Betreuungspersonal, das selbst Smartphones und Tablets nutzt und sich im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen auskennt, dürfte die Herausforderung nicht zu groß sein. Die Story vom 4.4. berichtet aus einem Wohnheim, dass doch noch viel vom persönlichen Einsatz der Betreuerinnen abhängt Seifert u.a haben in einer Untersuchung von Schweizer Wohn- und Pflegeeinrichtungen festgestellt, dass der Grad der Digitalisierung auch von der Technikaffinität der Leitungen der Einrichtungen beeinflusst wird. Angehörige könnten hier mit entsprechenden Nachfragen vielleicht etwas nachhelfen.

Bildquelle: © Telefónica Germany Weitere Infos: Per_Livestream_im_Quartier_dabei.pdf

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