Netzwerk Digitalambulanzen - Glückwunsch an Bremerhaven - Blamage für die Stadtgemeinde Bremen

Kommunalwettbewerb des DigitalPakt Alter
Im vergangenen Jahr hat der DigitalPakt Alter einen Wettbewerb für Kommunen um die beste digitale Teilhabe vor Ort ausgeschrieben. Kommunen konnten sich mit Konzepten und Strategien, Beispielen guter Praxis oder Vernetzungsprojekten bewerben. Beworben haben sich 110 Kommunen. Auf dem Seniorentag am 2. April 2025 in Mannheim wurden 11 Preisträger ausgezeichnet, die jeweils 5.000 Euro Preisgeld erhalten. Die Liste finden Sie hier
Bremerhaven gewinnt in der Kategorie Vernetzungsprojekte
In der Kategorie Vernetzungsprojekte wurde neben Frankfurt a.M. und Nürnberg auch die Seestadt Bremerhaven ausgezeichnet. Sie hat sich mit dem Netzwerk Digitalambulanzen beworben, an dessen Gründung ich 2020 nicht ganz unbeteiligt war. Zu diesem Erfolg gratuliere ich sehr herzlich, ganz besonders der Koordinatorin Verena Springer, die es von einer halben Projektstelle aus geschafft hat, das Netzwerk über die Förderphase durch den Bund hinaus fortzusetzen, auszubauen und die Koordination mit einer ganzen Stelle in der Magistratsverwaltung zu verstetigen.
Projektbeschreibung
Das Vernetzungsprojekt wird so beschrieben:
"Das Netzwerk Digitalambulanzen startete im 2020 als Vorhaben des Landes Bremen in Kooperation mit zahlreichen Institutionen. Es war eines von 13 regionalen Open Government Labs des BMI. Im Jahr 2023 wurde das Netzwerk in Bremerhaven zur Überbrückung mit Landesmitteln gefördert. Seit dem 01.06.24 ist es durch die Einrichtung einer Stelle im Sozialreferat des Magistrats Bremerhaven verstetigt. Ziel ist es, möglichst vielen älteren Menschen die Möglichkeiten der digitalen Teilhabe durch flächendeckende, wohnortnahe und bedarfsgerechte Lern- und Beratungsangebote zu eröffnen. Durch die Verstetigung kann das stetig wachsende Netzwerk und die strukturierte Zusammenarbeit mit den Partnern dauerhaft gesichert, fortgeführt und zielgerichtet weiterentwickelt werden. Die Kooperationspartner bieten mittlerweile zahlreiche digitale Lernangebote in den jeweiligen Stadtteilen und in unterschiedlichen Formaten wie Kursen, Sprechstunden und Treffen an.
Die im ursprünglichen Projekt erprobten vielfältigen Angebotsformen für unterschiedliche Zielgruppen werden nachhaltig genutzt, um älteren Menschen unabhängig vom Hintergrund den Zugang zu digitalen Anwendungen und Angeboten zu ermöglichen. Ein weiteres Ziel ist es, digitale Unterstützungsangebote in kleinräumigen Quartieren an bekannten Orten anzubieten und bekannt zu machen. Für die Begleitung der Angebote werden zunehmend Ehrenamtler gewonnen, die kostenlos geschult werden."
Die Begründung der Jury
"Viele ambitioniert gestartete Projekte blitzen wie Leuchtfeuer auf und lösen sich rasch in Rauch auf. Bremerhaven ist es gelungen, ein erfolgreiches Konzept zu verstetigen und angepasst an die lokalen Bedarfe weiterzuentwickeln. 2020 mit Bundesmitteln initiiert und vorübergehend aus Landesmitteln gefördert, hat die Stadt zuletzt eine hauptamtliche Stelle zur Koordination des kommunalen Netzwerks geschaffen, das älteren Menschen wohnortnahe und bedarfsgerechte Lern- und Beratungsangebote zur digitalen Teilhabe anbietet.
Besonders berücksichtigt sind Personen mit sprachlichen, psychischen oder körperlichen Partizipationshemmnissen. Die zentrale Steuerung stellt sicher, dass Lücken schnell geschlossen und ehrenamtlich Engagierte gezielt angeworben, ausgebildet und eingesetzt werden. Die Kommune übernimmt Verantwortung und sorgt für effiziente Ressourcennutzung – so muss es sein"
Die Stadtgemeinde Bremen hat es nicht geschafft
Auch die Stadtgemeinde Bremen, vertreten durch die Senatorin für Soziales, hatte sich beworben und es - wie ich meine verdientermaßen - nicht unter die Besten geschafft. Während Bremerhaven in dem Projekt mit einer halben Stelle gestartet war, die nach Projektende in die Magistratsverwaltung eingegliedert und aufgestockt wurde, hatte das Sozialressort im Projekt eine ganze Stelle für die Koordination, die nach dem Ende der Bundesförderung auf 20 Stunden reduziert und ausgegliedert wurde. Aus unerklärlichen Gründen erfolgte dann noch eine Umbenennung in Digital-Fit-60+, in der der Netzwerk-Ansatz nicht mehr zum Ausdruck kommt. Vielleicht ist es nur ein Zufall, dass Ende März die Koordinatorin Imke Engelbrecht ihre Arbeit beendet hat und noch keine Nachfolge geschaffen worden ist.
Für mich kommt hier nicht nur eine Geringschätzung der digitalen Teilhabe im Alter zum Ausdruck, sondern der Unterstützung älterer Menschen insgesamt. Während der Magistrat im deutlich ärmeren Bremerhaven eine Stabsstelle für Seniorinnen und Senioren geschaffen hat, hat das für die Stadtgemeinde Bremen zuständige Sozialressort 2021 das Referat "Ältere Menschen" in "Pflege" umbenannt. Deutlicher kann man das Desinteresse an der Teilhabe älterer Menschen nicht machen, indem man ihre Bedürfnisse auf Pflege reduziert. Das ist alles andere als preiswürdig.