Digitale Teilhabe 65 plus

Beobachtungen, Gedanken, Fragen und Tipps
zur Überwindung der Alterslücke bei der Nutzung von digitalen Medien

Portrait: Herbert Kubicek
Prof. Dr. Herbert Kubicek
Jahrgang 1946
Über mich
21.11.2023

Servicestellen der Verwaltung für Offliner - Evidenz für den Bedarf

Forderung aus NRW

Auf der mehrfach erwähnten Tagung im Düsseldorfer Landtag am 30. Oktober haben die Veranstalter elf Forderungen zur Sicherung der Digitalen Teilhabe älterer Menschen vorgestellt. Forderung Nr. 2 lautet:

"Service-Standorte für Offliner einrichten"
„Es wird auch künftig weiterhin Menschen geben, die keinen Online-Zugang haben oder die nicht in der Lage sind, Online-Dienste alleine zu nutzen. Für sie muss es wohnortnahe Service-Standorte geben, an denen sie – sofern dazu in der Lage – ein Endgerät mit Internetzugang eigenständig nutzen können. Zudem müssen im Bedarfsfall Unterstützung und Übungsmöglichkeiten an diesen Standorten angeboten werden. Im Rahmen des Online-Zugangsgesetzes werden immer mehr Leistungen von Städten, Gemeinden, Kreisen und dem Land digital angeboten. … Das Land NRW muss die Service-Standorte unterstützen, damit die digitale Teilhabe für alle Menschen in NRW möglich ist.“

Geringe Umsetzung des OZG – eine gute Nachricht?

Nach dem Online-Zugangs-Gesetz (OZG) vom 18. August 2017 sollten bis Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsleistungen bundesweit online angeboten werden. Darunter auch eine Reihe von Diensten, die von Seniorinnen und Senioren genutzt werden. In den Medien werden die Regierungen in Bund und Ländern dafür kritisiert, dass die Umsetzung weit hinter der Zielvorgabe zurückliegt. Die Initiative Neue Marktwirtschaft veröffentlicht jedes Quartal in einem Behörden-Digimeter Zahlen zum Umsetzungsstand des OZG auf Länderebene. Im Oktober waren im Durchschnitt erst 145 Leistungen bundesweit online verfügbar. Im Ländervergleich liegen Bayern und Hamburg mit 246 und 229 Leistungen an der Spitze, Rheinland-Pfalz und NRW mit 178 bzw. 175 Leistungen im Mittelfeld. Bremen mit 165 sowie das Saarland und Sachsen-Anhalt mit jeweils 155 Onlinediensten bilden die Schlusslichter.

Was die Befürworter der Digitalisierung kritisieren, ist für viele ältere Menschen hingegen auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Denn das bedeutet, dass die persönliche Inanspruchnahme dieser Leistungen fortbesteht. Viele Ältere fühlen sich mit den digitalen Angeboten überfordert und alleine gelassen. Auf den zweiten Blick ist diese Status-Information jedoch weniger ermutigend. Denn sie zeigt auch, dass die Digitalisierung eines großen Teils von Verwaltungsdiensten noch bevorsteht. Und daran muss sich die Unterstützung zur Digitalen Teilhabe ausrichten.

E-Government an der Spitze - der Problemliste

Auf der Tagung hat Linda Göbel von der Katholischen Hochschule in Freiburg ihre im Auftrag der BAGSO durchgeführte Studie zu aktuellen Problemen älterer Menschen ohne Internet oder mit geringen Kenntnissen vorgestellt. Der Schwerpunkt lag auf der Auswertung von 3.520 Situationen, die 2.344 Personen mit eigenen Worten beschrieben haben, auf welche Schwierigkeiten sie aufgrund der Digitalisierung gestoßen sind. Die Studie spricht von Ausgrenzungserfahrungen. Die geschilderten Situationen wurden Bereichen zugeordnet. Die folgende Grafik zeigt, dass die öffentliche Verwaltung mit 22% aller Schilderungen noch vor den Banken mit 15% an der Spitze steht, obwohl die Banken mit ihrer breiten Schließung von Filialen offenkundig älteren Menschen erhebliche Schwierigkeiten bereiten, wie in früheren Beiträgen kommentiert wurde.

Grafik mit Säulen zur Häufigkeit problematischer Situationen in verschiedenen Bereichen

In dem schriftlichen Bericht gibt es auch eine Auswertung einer geschlossenen Frage, wie einfach oder schwierig es ist, Dinge des Alltags in verschiedenen Bereichen ohne Internet zu erledigen. Hier steht die allgemeine Suche nach Informationen an der Spitze. 18% finden dies sehr schwierig, 55% schwierig. Die Öffentliche Verwaltung steht als erster differenzierter Bereich mit 16% bzw. 46% an zweiter Stelle, gefolgt vom Bereich Mobilität und Reisen mit 14 bzw. 43 %.

Zu einem ähnlichen Ergebnis ist die in dem Beitrag vom 17.6.2022 kommentierte Umfrage des Verbraucher Service Bayern im KDFB, dem Katholischen Deutschen Frauenbund Landesverband Bayern gelangt. Auch hier wurden für den Bereich der Öffentlichen Verwaltung die meisten Schwierigkeiten berichtet.

Altersbedingte Unterschiede im aktuellen eGovernment-Monitor

Einen weiteren Beleg liefert der jüngste eGovernment-Monitior der Initiative D21. Im Vorfeld der Tagung hatte die Mit-Autorin Sandy Jahn ausgewählte Daten aus dem Bericht zu Einstellungen und Kompetenzen nach Altersgruppen in aufgeschlüsselt. Wie im Digital-Index werden dabei Altersgruppen nach Generationen gebildet. Ein Auszug zeigt deutliche Unterschiede:

Tabelle mit Antworten auf mehrere Fragen nach verschiedenen Altersgruppen