Briten sollen E-Mails löschen um Wasser zu sparen - Keine Chance im KI-Wettrennen

Fake oder wissenschaftlich belegt?
Sie werden sich wahrscheinlich auch über die Meldung gewundert haben, dass die britische Umweltbehörde die Bevölkerung aufgerufen hat, alte E-Mails zu lösche, um das aktuell knappe Wasser nicht noch weiter zu verknappen. Mir ist klar, dass das Versenden von Mails Strom verbraucht, aber das Speichern? Und wo ist der Zusammenhang mit dem Wasserverbrauch? Wenn man etwas googelt - und damit Strom verbraucht - findet man detailliertere Berichte. Da wird der Zusammenhang zur Kühlung der Rechenzentren hergestellt und auch nicht nur auf E-Mails verwiesen, sondern auch auf Fotos und Videos, die sehr viel mehr Speicherplatz belegen als eine Mail mit wenigen KB. Chip spricht von "digitaler Entrümpelung". Ein Beitrag im Focus weist darauf hin, dass die Effekte bei den einzelnen Nutzenden gering sind, aber wenn es Millionen machen doch signifikant werden.Der Zusammenhang im Einzelnen
Ich habe noch mehr Stromverbrauch erzeugt und ChatGPT nach dem konkreten Zusammenhang gefragt: "Wieso kann man mit dem Löschen von E-Mails Wasser sparen?". Die Antwort:
"Das klingt erst mal seltsam, ist aber tatsächlich nachvollziehbar, wenn man die Zusammenhänge kennt:
- E-Mails brauchen Strom – auch nach dem Senden. Jede E-Mail wird auf Servern gespeichert (Posteingang, Backup, Spiegelserver etc.). Diese Rechenzentren laufen rund um die Uhr und verbrauchen kontinuierlich Energie – auch für Kühlung.
- Stromverbrauch → CO₂-Emissionen → Klimawandel: Die Energie, die für den Betrieb dieser Server benötigt wird, stammt oft zumindest teilweise aus fossilen Energieträgern. Deren Förderung und Verstromung verbrauchen wiederum große Mengen Wasser (z. B. für Kühlprozesse in Kraftwerken, bei der Erdgasförderung oder beim Kohleabbau).
- Indirekter Wasserverbrauch: Je mehr Daten gespeichert werden (z. B. unnötige E-Mails, Newsletter, Spam), desto größer ist der Speicherbedarf, desto mehr Server sind nötig und desto mehr Wasser wird indirekt verbraucht.
- Löschen = weniger Speicherbedarf: Wenn viele Menschen alte oder unnötige Mails löschen, kann das den Speicherbedarf langfristig senken und damit Strom- und Wasserverbrauch der Rechenzentren reduzieren. Der Effekt ist einzeln klein, summiert sich aber über Millionen Nutzer."
Dann habe ich noch genauer nach den Quellen für den Stromverbrauch gefragt. Die Antwort zusammengefasst:
(1) Speicherhardware und Stromverbrauch der Festplatten, die sich permanent drehen.(2) Indexierung und Suchvorgänge: Je mehr Mails gespeichert werden, um so länger laufen Suchanfragen und Spamfilter. Daten müssen öfter aus dem Speicher geladen und verarbeitet werden. Das bedeutet mehr CPU- und I/O-Last, also mehr Strom.
(3) Backup & Archivierung: Größere Mailbestände brauchen längere Backup-Läufe und das bedeutet: längere Betriebszeiten der Backupserver, mehr Netzwerktraffik, längere CPU- und Festplattenaktivität → mehr Energiebedarf.
(4) Laufende Hintergrundprozesse: Spamfilter, Virenscanner, Indexer und Datenbankdienste arbeiten oft nicht nur bei neuen Mails, sondern auch periodisch am gesamten Datenbestand. Wenn der Bestand größer ist, sind diese Hintergrundjobs automatisch schwerer und dauern länger → mehr Rechenzeit = mehr Strom.
Es geht auch um Klimaschutz
Aus den Antworten wird deutlich, dass es bei der Entsorgung von digitalem Müll nicht in erster Linie um den Wasserverbrauch geht, sondern um den Stromverbrauch und die damit zusammenhängenden CO2-Emissionen. Darüber gab es 2023 bereits eine Diskussion, die z.B. ein Artikel im IT-Center Blog der RWTH Aachen gut zusammenfasst. Der Autor empfiehlt für ökologische digitale Kommunikation:
- Löscht unnötige Dateien und Daten aus der Cloud, um Speicherplatz zu sparen und den Energieverbrauch der Server zu reduzieren.
- Vermeidet das Versenden von unnötigen Anhängen, sondern nutzt stattdessen z.B. GigaMove
- Löscht unerwünschte E-Mails und nutzt Gruppen-E-Mails sparsam.
- Senkt die Videoauflösung beim Streaming und ladet Inhalte herunter, um den Energieverbrauch beim Ansehen von Filmen und Videos zu reduzieren.
Die eigene Umweltbilanz verbessern - Unterschiede bei Providern
Um meine eigene Umweltbilanz zu verbessern, habe ich mich auf meinem Mail-Konto bei IONOS (1&1) eingeloggt und wollte sehen, wie lange dort meine Mails noch gespeichert sind und alte Mails löschen. Dort sind 21.629 Nachrichten gespeichert, die 6,86 GB belegen. Ich habe mal bis 2023 runtergescrollt und wollte die älteren Mails löschen. Aber das geht nicht. Es gibt keinen Filter und ich kann auch zum Löschen keine Regel bilden. Ich kann zwar mehrere Mails markieren und auf den Papierkorb klicken. Aber dann muss ich die Löschung jeder einzelnen Mail noch einmal bestätigen. Das heißt also, um umweltbewußt bei meinen Mails zu sein, muss ich mehrere Stunden alte Mails online einzeln aufrufen und die ganzen stromverbrauchenden Prozesse auslösen, die oben beschrieben sind.
Zur Sicherheit habe ich bei dem Provider angerufen und mir wurde bestätigt, dass es kein Sammel-Löschen gibt. Immerhin konnte ich den Papierkorb und den Spamordner mit je einem Klick leeren und den Speicherplatz um 400 MB reduzieren. Mir wurde auch gesagt, auch bei anderen Providern könne man Mails nicht kollektiv für definierte Zeiträume löschen. Doch das stimmt nicht. Über Google finde ich schnell, dass man bei GMX sehr wohl Mails für definierte Zeiträume löschen kann. Und ChatGPT liefert mir diese Liste:

Ich habe das nicht überprüft. Aber es fällt auf, dass es sich hier überwiegend um Freemailer handelt, die ein eigenes Interesse haben, die Kosten für ihren Dienst niedrig zu halten, während es bei bezahlten Mail-Accounts keinen vergleichbaren finanziellen Anreiz gibt. Aber einen ökologischen. Die Provider versuchen auf verschiedenen Wegen mit ihren Rechenzentren klimafreundlicher zu werden. Eine Vereinfachung der Löschung sollte da eigentlich kein Problem sein.
Im KI-Wettlauf bei den Kapazitäten der Rechenzentren wird nicht nach aktuellem Bedarf investiert
Alle wiedergegebenen Berechnungen von Einsparungen basieren auf der Annahme, dass die Betreiber der Rechenzentren ihre Kapazitäten nach dem konkreten Bedarf ausrichten. Wenn der Speicherbedarf aufgrund des Kundenverhaltens weniger stark steigt, bauen Sie ihre Kapazität weniger stark aus und verbrauchen dadurch weniger Wasser. Aber das ist nicht die heutige Realität. Rechenzentren sind nicht mehr in erster Linie betriebswirtschaftlich geführte Unternehmen, sondern im aktuellen KI-Wettlauf Standortfaktoren und Kritische Infrastruktur. Die staatlichen KI-Förderprogramme in Deutschland, der EU und den USA beinhalten Milliarden-Beträge für den Ausbau von Hochleistungsrechenzentren (HPC- High Performance Computing , KI-Factories, oder AI-Gigafactories). Weil KI auf großen Datenmengen basiert, sind Rechen- und Speicherbedarf um ein Vielfaches größer als bei herkömmlichen Anwendungen. Chat GPT selbst nennt für eine Text-Antwort von einer Seite einen hundertfachen Energieverbrauch im Vergleich zu einer E-Mail von einer Seite.
Alleine für den Ausbau eines einzigen Super Computers im Rechenzentrum in Jülich werden 500 Millionen investiert, davon 227 Mio. € für Energie, Kühlung, Betrieb. Diesen Kontext sollte man beachten, bevor man gute Ratschläge gibt oder kommentiert.