Digitale Teilhabe 65 plus

Beobachtungen, Gedanken, Fragen und Tipps
zur Überwindung der Alterslücke bei der Nutzung von digitalen Medien

Portrait: Herbert Kubicek
Prof. Dr. Herbert Kubicek
Jahrgang 1946
Über mich
Thema heute:

SIM- Studie: Mediennutzung von Senior:innen aus gerontologischer Sicht

In dieser Woche ist der neue Digital-Index 2021/22 veröffentlicht worden. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal eine Generationenbetrachtung vorgenommen. Hier relevant ist die Unterscheidung zwischen zwei Generationen:

Nachkriegsgeneration, Jg.1946–1955 (aktuell: 66–75 Jahre). Onlinerquote 81 %

Diese Generation wurde in ein vom Krieg zerstörtes Land und in den beginnenden Kalten Krieg hineingeboren. Zu Zeiten der Studierendenbewegungen waren viele von ihnen in den späten Teenager- oder frühen 20er Jahren. Als das Internet die Hälfte der Bevölkerung durchdrungen hat, war diese Generation zwischen 48 und 57 Jahren. Die Kinder waren häufig bereits aus dem Haus, Enkel meist noch jung und ihre berufliche Welt noch nicht so schnelllebig wie heutzutage. Entsprechend waren Berührungspunkte mit neuen Technologien durch Familie oder Beruf seltener gegeben.

Generation bis 1945 aktuell 76 Jahre oder älter, Onlinerquote 52 %

Diese Generation hat zum Teil sogar noch den Krieg und die NS- Zeit miterlebt. Sie hat die Anfänge des kommerziellen Fernsehen in Deutschland verfolgt, die Digitalisierung hat für diese Generatio die längste Zeit ihres Lebens keine Rolle gespielt. Bei der Öffnung des World Wide Web für alle 1993 waren sie mindestens 48 Jah alt, als 2003 die Mehrheit der Deutschen online war, schon 58 Jahre oder älter und damit kurz vor oder bereits im Ruhestand.

Noch interessanter für die Frage der digitalen Teilhabe älterer Menschen ist die ebenfalls in dieser Woche veröffentlichte erste SIM-Studie des Medienverbunds Südwest. Neben der KIM-Studie (Kinder) und der JIM-Studie (Jugend) wird nun auch (endlich) regelmäßig die Mediennutzung älterer Menschen untersucht. Das Besondere an dieser Studie ist die Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe Gerontologie der Universität Heidelberg und der Katholischen Hochschule Freiburg. Sie hat zur Erweiterung der auch im Digital-Index erhobenen Daten um gerontologische Aspekte geführt. So gibt es erstmals Daten zur Einschätzung der Selbstwirksamtkeit,  die ich in früheren Publikationen als einen der großen Unterschiede zwischen der jüngeren und der älteren Generation in Bezug auf die Internetnutzung betont habe. Wie in der Bremer Unmfrage wird auch der Einfluß der körperlichen und geistigen Verfassung und des Pflegegrads erfasst. Ganz neu und hoch relevant erscheint mir die Berücksichtigung der sozialen Eingebundenheit bzw. Einsamkeit und der Wahrnehmung des Älterwerdens.

Es lohnt sich vor allem für jüngere Unterstützungskräfte diese Studie zu lesen, um noch besser auf zu betreuende ältere Menschen eingehen zu können