Digitale Teilhabe 65 plus

Beobachtungen, Gedanken, Fragen und Tipps
zur Überwindung der Alterslücke bei der Nutzung von digitalen Medien

Portrait: Herbert Kubicek
Prof. Dr. Herbert Kubicek
Jahrgang 1946
Über mich
Thema heute:

Digitale Teilhabe älterer Menschen gehört in ein Altenhilfestrukturgesetz - Berlin als Vorreiter?

Bildnachweis: Melanie Thoma, AWO Landesverband Berlin e.V.

Seniorenpolitische Gespräche der AWO Berlin

Der AWO Landesverband Berlin hat eine Reihe "Seniorenpolitische Gespräche" gestartet. Das erste Gespräch in dieser Reihe am 4. Juli 202O war dem Thema "Senior*innen und Digitalisierung" gewidmet. In der Einladung wurden zum Inhalt folgende Themen genannt:

Zielgruppe sind vor allem die Seniorenvertretungen in den Bezirken, Verbände, Verwaltung und Politik.

Ich hatte die Ehre, für dieses Gespräch einen Input zu liefern. Trotz steigender Infektionszahlen habe ich mich zum ersten Mal nach mehr als zwei Jahren auf die Reise zu einem Vortrag begeben. Der Grund war, dass dieses Gespräch und dieser Input zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem die Berliner Senatsverwaltung an einem Altenhilfestrukturgesetz arbeitet und die Veranstaltung auch dafür einen Input leisten kann. Dementsprechend steht die Altenhilfe im Mittelpunkt der Präsentation.

Altenhilfestrukturgesetz als geeigneter Rahmen

Die Kommission für den Siebten Altersbericht hatte sich mit den strukturellen Bedingungen für eine verlässliche, am Inklusionsgedanken orientierte Altenhilfe befasst. In ihrem Bericht mit dem Titel "Sorge und Mitverantwortung in der Kommune - Aufbau und Sicherung zukünftsfähiger Gemeinschaften"" vom November 2016 empfiehlt sie u.a den Aufbau und die Verstetigung verlässlicher Altenhilfestrukturen nach § 71 SGB II durch ein Bundesgesetz:

„Altenhilfestrukturen“ müssen gefördert, ausgebaut, verstetigt sowie gesetzlich flankiert werden. In einem Leitgesetz zur Stärkung einer Politik für ältere und mit älteren Menschen sollte eine Politik für aktive Teilhabe und Hilfen von älteren und für ältere Menschen zu einem kohärenten Politikansatz entwickelt werden. Die Bundesregierung ist aufgefordert, die kompetenzrechtlichen Voraussetzungen für ein solches Gesetzesvorhaben zu prüfen und zu klären."

Weil die damalige Bundesregierung diese Anregung nicht aufgegriffen hat, haben der Landesseniorenbeirat und die Landesseniorenvertretung Berlin mit Bezug auf diesen Bericht die Initiative für ein Berliner Gesetz "Gutes Leben im Alter"(Altenhilfestrukturgesetz Berlin)" ergriffen. Ein erster Entwurf der Senatsverwaltung ist liegt nur den Verbänden und wurde noch nicht veröffentlicht.

Auch den Achten Altersbericht berücksichtigen

Dem Vernehmen nach stehen einheitlich geregelte Aufgaben und Zuständigkeiten der Bezirke im Zentrum. Diese sollen eine bedarfsgerechte Altenhilfeplanung vornehmen und jährlich überprüfen und anpassen. Die Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung für eine zukunftsweisende Altenhilfe ergeben, werden dabei nicht explizit behandelt. Diesen Megatrend hatte die Kommission für den Siebten Altenbericht noch nicht im Blick gehabt. Digitalisierung ist der Schwerpunkt des Achten Altersberichts von 2020 mit dem Titel "Digitalisierung und ältere Menschen". Auch dieser Bericht sieht die Kommunen in der Pflicht zur Verstetigung der Maßnahmen zur Ermöglichung Digitaler Teilhabe älterer Menschen, insbesondere in den Bereichen Wohnen, Sozialraum, Gesundheit und Pflege. Wenn nun ein Altenhilfestrukturgesetz erarbeitet wird, sollten auch die Empfehlungen des Achten Altersberichts berücksichtigt werden.

Ich bin schon seit langen davon überzeugt, dass die Kommunen die beiden Megatrends Digitalisierung und Demographischer Wandel in einem Altenhilfeplan zusammenbringen sollten und dazu die verschiedenen Unterstützungsformen, die die unterschiedliche Gruppen von älteren Menschen für ihre digitale Teilhabe benötigen, über Organisationsgrenzen hinweg koordinieren sollten. Für die dazu erforderliche Bedarfsermittlung bietet die Bremer Umfrage eine geeignete Vorlage.

Kommunale Altenhilfe ohne Plan

Ich hoffe mit dieser Präsentation dazu einige Anregungen liefern zu können. Und ich hoffe dass andere Bundesländer dem Berliner Beispiel folgen und dass sonst größere Kommunen über ihre Satzungen endlich Verantwortung für dien wachsenden Anteil älterer Menschen und deren gesellschaftliche Teilhabe übernehmen. Es ist nicht verantwortbar, dass in Zeiten des demographischen Wandels die kommunale Altenhilfe im Gegensatz zur Jugendhilfe immer noch als freiwillige Leistung betrachtet wird und bei den Haushaltsaufstellungen deswegen zu kurz kommt. Was die fehlende gesetzliche Verankerung als Pflichtaufgabe in der Praxis bedeutet, hat eine Umfrage der BAGSO ergeben: In den kleineren Gemeinden gibt es keine für eine Koordinierung zuständige Stelle. Die Ausgaben für die Altenhilfe betragen pro Einwohner ab 65 Jahren zwischen null und 30 Euro pro Jahr. Dabei spielt die Unterstützung zur digitalen Teilhabe noch keine Rolle.

Die Präsentation